Grenzschliessungen, Hamster-Käufe und Home Office: Dass ein Virus unser Leben in so kurzer Zeit auf den Kopf stellen könnte, hätte anfangs Jahr noch niemand gedacht. Während in den USA die Zahlen ungebremst in die Höhe schnellen, ist in anderen Ländern bereits von einer Lockerung der Massnahmen die Rede. Ob und wann wir jedoch wieder unbesorgt an ein Grosskonzert gehen oder in die Ferien fliegen können, steht in den Sternen. Viele Firmen sind kurz vor dem Konkurs und es ist unklar, wie schnell sich die Wirtschaft nach den weltweiten Ausgangssperren erholen wird. Auch an der Landwirtschaft geht Covid-19 nicht einfach spurlos vorbei. Während einige mit den Lieferungen kaum nachkommen, müssen andere tonnenweise Lebensmittel oder Blumen abschreiben. Dies, weil Erntehelfer fehlen bzw. Pflanzen nicht als lebensnotwendig erachtet werden.

Neues Konsumverhalten dank Corona?

“Man winkt mir wieder zu, statt den Stinkefinger zu zeigen”, freut sich ein Landwirt über die Spaziergänger, die ihn plötzlich grüssen, wenn er im Traktor Landarbeiten verrichtet. Nicht nur das Image der Bauern hat sich verändert, auch ihre lokalen Produkte sind infolge der befürchteten Knappheit gefragter denn je: Hofläden werden regelrecht überrannt, weil in den überschaulichen Räumen die Hygienemassnahmen des Bundes besser eingehalten werden können und immer für Nachschub gesorgt ist.

Doch nicht nur die Direktverkäufe gewinnen an Bedeutung: Das Schliessen der Grenzen, Hamsterkäufe sowie die Tatsache, dass zuhause wieder mehr gekocht wird, haben zu einem (zumindest temporären) geänderten Konsumverhalten geführt. Die Supermärkte verkaufen wieder Früchte und Gemüse zweiter Klasse, die keine perfekte Grösse haben und zuvor nur noch für Restaurants und Kantinen gut genug waren. Es ist zu hoffen, dass auch nach Corona nicht mehr wie bis anhin tonnenweise Lebensmittel vernichtet werden müssen, weil sie von den Abnehmer nicht akzeptiert oder von den Konsumenten nicht gekauft werden.

Erntehelfer fehlen

Während die einen Bauern also durchwegs eine positive Bilanz aus der Corona-Zeit ziehen, blicken andere trostlos auf ihre Spargel- und Fenchelfelder, die sie nun ihrem Schicksal überlassen müssen, weil die Erntehelfer fehlen. Ohne Aufenthaltsbewilligung ist es aktuell so gut wie unmöglich, aus Rumänien oder Polen in die Schweiz zu kommen. Das vom Bund geforderte Social-Distancing erschwert die Arbeiten auf dem Feld zusätzlich. Eine Lösung ist Stand heute nicht in Sicht. Nach dem Frost und dem ausbleibenden Regen entscheidet nun also ein Virus, ob und wie hoch die Ertragseinbussen einiger Schweizer Bauern sein werden.

Zusammengefasst ist das Coronavirus für die Landwirtschaft Fluch und Segen zugleich. Während viele Direktvermarkter auf ihre Kosten kommen, haben vor allem grosse Betriebe das Nachsehen, wenn sie auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen sind. Offen bleibt ausserdem, ob die Detailhändler und Konsumenten auch nach der Corona-Zeit öfters zuhause mit regionalen naturbelassenen Lebensmitteln kochen werden und dabei auch Früchte und Gemüse zweiter Klasse berücksichtigen. Vielleicht ist dieses Verhalten aber auch nur von kurzer Dauer.

Quellen:

https://www.srf.ch/news/wirtschaft/folge-der-corona-massnahmen-mehr-gemuese-zweiter-klasse-in-den-laeden
https://www.srf.ch/news/schweiz/erntehelfer-dringend-gesucht-bei-den-gemuesebauern-gibt-es-mehr-als-genug-arbeit
https://www.bauernzeitung.ch/artikel/feuerverbote-und-braende-trockenheit-in-der-schweiz-spitzt-sich-zu

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