Endlich Wochenende! Die Seen und Flüsse locken mit angenehmen Temperaturen und ein Glacé darf natürlich auch nicht fehlen. Während die einen am Wasser ihre freien Stunden geniessen, setzen andere auf den wöchentlichen Spaziergang oder eine Wanderung in den Bergen. Da und dort begegnen sie Bauernfamilien, die den freien Tag mit Heuen verbringen. Vor allem in den steilen Hängen sind sie froh um jede Arbeitskraft, denn das Heu soll noch vor dem nächsten Regen im Stall sein.

Mehr Fehlgeburten nach Gewitter-Juni

Aufgrund der zahlreichen Gewitter anfangs Juni 2018 – kaum ein Tag war ohne Regen – konnten die Bauern erst sehr spät mit der Heuernte beginnen. Mindestens drei aufeinanderfolgende heisse Sonnentage braucht es, damit das Gras gut trocknen kann. Die diesjährige Verzögerung um fast einen Monat bedeutet eine schlechtere Heuqualität: Das Futter wird gröber und rauher, der Protein- und Energiegehalt nimmt ab. Für die Heubauern hat dieses Wetterpech hohe Kosten zur Folge, denn sie müssen nicht nur Ausgleichsfutter für den Winter dazukaufen, sondern auch mit höheren Tierarztkosten rechnen, weil die Fruchtbarkeit mit der Heuqualität sinkt und das Risiko für Fehlgeburten zunimmt.

Viele Schritte bis zum Futter

Damit die Kühe der Heubauern auch im kalten Winter genug zu fressen haben, muss das Gras von der Wiese ins Heulager des Stalles gebracht werden. Je nachdem, wie steil das Land ist, kommen andere Maschinen zum Einsatz und es ist viel Handarbeit erforderlich, weshalb oft die ganze Familie mithilft. Das Video zeigt die einzelnen Schritte vom Mähen bis zum Transport mit dem Heukran. Als Heu wird übrigens nur der erste Schnitt nach dem Winter beschrieben. Alle weiteren Grassschnitte – bis zu sechs pro Jahr – ergeben Emd. Die Arbeitsschritte sind aber dieselben:

Zuerst muss das Gras gemäht werden. Je nach Steillage kommt dafür ein Traktor, eine Mähmaschine oder eine Sense zum Einsatz. Damit es schneller trocknet, wird es mit einem „Kreisler“ gewendet. Vor dem Aufladen müssen Schwaden geformt werden. Dies geschieht von Hand oder mit einem „Schwarber“. Erst dann wird das Heu/Emd mit einem Ladewagen aufgeladen, der es dann im Stall ablädt, wo es mit einem Heukran auf das Heulager kommt und dort vom Heulüfter noch ein letztes Mal gut.

Wenig Kraftfutter für bessere Milch

Eine Kuh frisst im Sommer bis zu 80 Kilo Gras pro Tag. Dazu kommt noch ein kleiner Teil Kraftfutter (Futtermittel mit einer hohen Konzentration an Nährstoffen), der in der Schweiz mit rund einem Fünftel sehr gering ist (siehe Grafik). Der grosse Anteil an hochwertigen Gräsern ist auf die topografischen Bedingungen zurückzuführen: 70% der Nutzfläche ist gem. BFS nur als Grünfläche und somit nicht als Ackerland nutzbar. Deshalb braucht es Kühe, die das Raufutter (Gras, Heu, Silage) verwerten können.

In vielen unserer Nachbarländer hingegen ist Kraftfutter mittlerweile zum Hauptbestandteil der Nahrung geworden. Der Grund: Je mehr Kraftfutter, desto mehr Milch gibt die Kuh, teilweise bis zu 25 Prozent. Doch die Qualität nimmt ab, was mehrere Studien der Forschungsanstalt Agroscope beweisen: Die Milch solcher Hochleistungskühe verfügt über eine schlechtere Zusammensetzung der Fettsäuren und enthält weniger ungesättigte Fettsäuren. Auch der Gehalt an CLA (konjugierte Linolsäuren), die besonders gut für das Blutkreislaufsystem sind, ist signifikant tiefer. Doch nicht nur die Milch, sondern auch das Fleisch ist weniger gesund, denn es enthält mehr gesättigte Fettsäuren, wenn die Kühe viel Kraftfutter fressen.

Mais, Sojaschrot und Co. führen aber nicht nur zu Qualitätsverlusten bei Milch und Fleisch, sie beeinflussen auch den pH-Wert des Pansens und das Gleichgewicht der Bakterien im Magen der Kuh. Bei einer Überdosis kann es sogar zu Stoffwechselstörungen führen. Nicht zu vergessen die Umweltschäden in Ländern wie Brasilien, wo die riesigen Soja-Plantagen zu Problemen mit Pestiziden und Bodenerosion führen. Obwohl die Produktion von gentechfreiem Soja in Südamerika zurückgeht, hält die Schweiz eine Vorbildsfunktion inne, denn der Anteil von Soja aus umwelt- und sozialverträglicher Produktion konnte in den letzten sechs Jahren von 40% auf rund 95% gesteigert werden.

Trotz all diesen Nachteilen wird auch in der Schweiz die Verwendung von Kraftfutter womöglich an Bedeutung zunehmen. Dies unter anderem aufgrund des tiefen Milchpreises, der seit Jahren nicht mehr kostendeckend ist und teilweise durch leistungsstärkere Kühe auskompensiert wird. Ein weiterer Grund ist das Verschwinden der kleinen Bauernhöfe und die Entwicklung hin zu immer grösseren Betrieben: Die Kuhherden werden zwar immer grösser, aber das Weideland wächst nicht im gleichen Masse mit. Die Bauern müssen also vermehrt auf Kraftfutter zurückgreifen, um die hohe Eigenversorgung aufrecht erhalten zu können.

Die Grafik von Swissmilk zeigt, wie sich das Futter für einen Liter Milch in der Schweiz (rechts) und im Ausland zusammensetzt.

Neue Kuh und Heumilch

Die Frage bleibt, ob die Zucht von Hochleistungskühen überhaupt nachhaltig ist, wenn sie für die grössere Milchmenge auch mehr teures Kraftfutter benötigen und das Weideland sowieso beschränkt ist. Die Interessengemeinschaft „Neue Schweizer Kuh“ macht einen Schritt in diese Richtung, indem sie sich für eine gesunde Kuh einsetzt, die zwar kleiner, aber dank der Fütterung mit Gras und Heu auch weniger krank ist und bessere Milch liefert.

Fakt ist, dass im Oktober 2017 „nur“ noch rund 560’000 Milchkühe auf Schweizer Wiesen grasten. Das ist der tiefste Stand seit Ende der 1980er-Jahre (Statistik der Tierverkehrsdatenbank TVD). Die Milchproduktion ist jedoch kaum zurückgegangen, was bedeutet, dass auch hierzulande die Preispolitik Auswirkungen auf das Futter der Tiere hat. Für die Schweiz sind die vielen Steilhänge ein Fluch und Segen zugleich. Das Heuen in den Bergen ist anstrengend und gefährlich zugleich. Jahr für Jahr kommt es zu tödlichen Unfällen, weil sich Traktore im Steilen überschlagen oder ein Bauer beim Wildheuen die Klippe runterstürzt. Gleichzeitig sind diese nicht befahrbaren Hänge wichtig für die Artenvielfalt: Ein Teil des Landes wird als Ökoheu erst sehr spät geschnitten, die Böden können nicht als Acker genutzt werden und die Bauernfamilien schützen durch ihre Arbeit die Flächen vor der Verwilderung.

Ökoheu darf erst ab dem 15. Juni gemäht werden, damit die Pflanzen versamen können und die Artenvielfalt erhalten bleibt. Gleichzeitig sinkt aber auch die Qualität und der Ertrag des Futters, denn Kühe mögen frisches Gras lieber.

Und zu guter Letzt: Für die Gesundheit der Kühe gibt es nichts Besseres als frisches Gras und Heu. Nicht nur die hohe Qualität Schweizer Milch kann so erhalten bleiben, auch die Umwelt wird geschont. Mit einem Milchpreis, der in Zukunft hoffentlich kostendeckend sein wird, soll das Verschwinden der kleinen Betriebe und die Entwicklung zu Hochleistungskühen gebremst oder gestoppt werden.

Im nächsten Blog-Artikel erfahren Sie mehr über das Heumilch-Label, das sich für eine nachhaltige Milchproduktion einsetzt.

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